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Reck- und Breitehammer

Reck- und Breitehammer

Schmiedekonkurrenz

In vielen Regionen Afrikas war das Schmiedehandwerk weit entwickelt, Schmiede nahmen häufig einen hohen sozialen Rang in ihrer Gemeinschaft ein. Auf diese kulturellen Traditionen trafen deutsche Firmen, als sie sich in den Kolonien Absatzmärkte für ihre Eisenwaren verschaffen wollten. Ein Beispiel dafür sind Hacken für die Feldarbeit, die im Handel auch „Afrikaner“ oder „Afrika-Spaten“ hießen. Sie wurden aus Orten im Märkischen Sauerland wie Kierspe und Schalksmühle auf den afrikanischen Kontinent geliefert.

Die traditionellen deutschen Hammerwerke führten dazu neue Methoden in der Herstellung ein. Statt Rundeisen auszuschmieden, startete die Bearbeitung nun häufig mit vorgestanzten Blechen.

Um einen einträglichen Markt für ihre Produkte zu etablieren, nahmen sauerländische Betriebe Formen traditioneller Werkzeuge afrikanischer Bauern auf. Hölzerne Modelle aus Afrika lieferten die Vorlagen für Muster in großer Bandbreite. Afrikanische Kaufleute und Konsumenten prägten also offenbar zum Teil europäische Produkte mit. Für die einheimischen Schmiede bedeuteten die importierten „Afrikaspaten“ eine bedrohliche Konkurrenz.

Der Katalog der Firma Carl Kattwinkel, Kierspe, mit „Afrikaspaten“ für verschiedene afrikanische Regionen richtete sich an deutsch-, englisch- und französischsprachige Händler.

Hintergrundwissen

Seit spätestens 1889 bekamen sauerländische Firmen umfangreiche Aufträge für den Handel mit ihren Produkten nach Afrika. Lieferungen von 80 000 bis 90 000 Hacken waren nicht selten. Doch aus Sicht der Produzenten blieben die Kolonien ein Markt mit geringen Preisspannen. Um sich nicht gegenseitig Konkurrenz zu machen, gründeten mindestens 13 Firmen, darunter solche aus Kierspe, Schalksmühle und Dahl, 1928 den „Verband der Afrikaspatenfabrikanten“. Das Kartell bestand bis 1968 und legte Preise und Quoten für die Mitgliedsfirmen fest.

Achatschleife

„Afrika-Spaten“

Die acht Musterrohlinge für „Afrika-Spaten“ stammen aus Kiersper Firmen. Sie waren für verschiedene Regionen in Afrika bestimmt. Die angehängten Zettel enthalten wichtige Hinweise auf das Gewicht, das Handelsunternehmen, für das die Hacke gefertigt wurde, sowie Datierungen. So handelt es sich bei dem ersten Modell von rechts in der oberen Reihe um ein Muster für Liverpooler Firma John Holt Co. Ltd. aus dem Jahr 1928. Nach dem Katalog „Afrika-Spaten“ der Kiersper Firma Carl Kattwinkel kam eine solche Form in Westafrika, etwa in Lome (Togo) zum Einsatz. Wie auch für andere Eisenwaren üblich, lieferten die Firmen an Handelsunternehmen; für den Export nach Afrika spielten dabei Hamburger und englische Unternehmen eine zentrale Rolle.

Die sauerländischen Betriebe produzierten die Arbeitsgeräte in der Regel aus einfachem Stahl. Die Bauern in den Liefergebieten erkannten die geringe Qualität und die kürzere Lebensdauer der importierten Waren wahr. Sie waren deshalb nicht so erfolgreich, wie aus Herstellersicht erhofft.

acht Muster für „Afrika-Spaten“
Hammerwerke Carl Kattwinkel und weitere Firmen, Kierspe, zum Teil zwischen 1928 und 1953 datiert
Heimatverein Kierspe

Und heute?

„Afrikaspaten“ sind Teil der Erinnerungskultur in der im Sauerland gelegenen Stadt Kierspe – sichtbar in einem Brunnen aus Afrikaspaten. 2017 kam als weitere Maßnahme ein geschmiedeter Miniatur-Afrikaspaten in limitierter Auflage hinzu, der über das Stadtmarketing vertrieben wurde. Was auf den ersten Blick etwas folkloristisch anmutet, ist in dem beigegebenen Text mit einer eindrücklichen Botschaft verbunden: „Afrikaspaten für die Monokulturen der neuen Kolonien bedeuteten hier zahlreiche Arbeitsplätze, aber dort auch koloniale Abhängigkeit und Preisgabe jahrhundertealter Kulturtraditionen in Eisenerzeugung und -verarbeitung. Die Menschen in Afrika weigerten sich allerdings, die Formen der deutschen Spaten zu akzeptieren.“

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Formen von „Afrika-Spaten“ für unterschiedliche Regionen Afrikas in einem Prospekt der Firma Carl Kattwinkel, Kierspe

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